Sei wie Wasser

                       Sei wie Wasser

„Auf der Welt gibt es nichts, was weicher und dünner ist, als Wasser. Doch um Hartes und Starres zu bezwingen, kommt nichts diesem gleich. Dass das Schwache das Starke besiegt, das Harte dem Weichen unterliegt, jeder weiß es, doch keiner handelt danach.“ (Laotse)
Was ist das Besondere am „Weg des Wassers"? 
Fließendes Wasser ist immer in Bewegung, es geht hin und her. Dabei verändert es stetig seine Form, findet seinen Weg durch die kleinsten Risse, und überfließt Hindernisse anstatt sie zu bekämpfen. 
Häufig im Leben begegnen uns Schwierigkeiten, die uns unüberwindbar erscheinen. Wir wollen dagegen an, wollen den Gegner niederringen mit aller Kraft, die wir aufzubringen vermögen – und scheitern schließlich doch. 
Was es aber tatsächlich “nur” braucht, ist eine neue Strategie. Wir müssen umdenken. Und hier macht uns das Wasser oftmals etwas vor. Wenn wir ein kleines Rinnsal betrachten, das den Berg herabließt, kaum mehr als ein Tröpfeln, dann können wir sehen, dass das Wasser an dieser Stelle den Berg ein Stück weit ausgewaschen hat, an dieser Stelle bildet sich eine Rille im harten Gestein. 
Ist das Wasser nun stärker als der Berg? Isoliert betrachtet sicherlich nicht, aber es ist stetig und bringt durch seine Beharrlichkeit das scheinbar härtere Material zum Aufgeben. 
Ähnlich sieht es Laotse in seinem Vers: Wir müssen lernen, uns vom herkömmlichen Denken zu befreien, wenn wir damit nicht weiterkommen. Müssen lernen, manchmal auf Umwegen statt auf direktem Wege zu gehen und aufhören, immer nur in Offensichtlichkeiten zu denken.
Deshalb steht das Wasser in der fernöstlichen Philosophie auch für das Kreative, für unkonventionelle Lösungen. Denn zu häufig lassen wir uns von den Dingen beeindrucken, die für unser Auge offensichtlich sind, so wie stark-schwach, hart-weich usw. Manchmal muss man die Augen verschließen und in sich hören oder fühlen, um den passenden Weg zu finden. Und dann ist oftmals der Gedanke, der zunächst unrealistisch oder gar verrückt schien, derjenige, der schließlich zum Ziel führt. 
Share by: